Bauprozesse können bekanntlich komplex sein. Von daher erscheint es verständlich, wenn sich Bauherren mittels geeigneter Instrumente absichern möchten. Die Frage ist bloss, mit welchen Mitteln dies geschieht. Juristen unterscheiden in diesem Zusammenhang zwischen akzessorischen und abstrakten Garantien – zwei kleine Adjektive, die im Endeffekt einen grossen Unterschied ausmachen.
Als Sicherungsmittel allgemein bekannt ist die Bürgschaft (OR 492). Gerade in der Form einer sogenannten Solidarbürgschaft (OR 496 / Art. 181 SIA 118 ) stellt diese für den Bauherrn ein probates Sicherungsmittel dar. Um die Solidarbürgschaft in Anspruch zu nehmen, muss der Hauptschuldner mit seiner eigenen Leistung in Rückstand und erfolglos gemahnt worden sein (oder offenkundig zahlungsunfähig sein).
Bei der Bürgschaft handelt es sich um eine sogenannte akzessorische Verpflichtung, da sie das Schicksal der Hauptschuld teilt: Der Bürge hat somit nur dann zu leisten, wenn der Hauptschuldner seinerseits zu einer Leistung verpflichtet ist. Der Bürge ist zudem dazu verpflichtet, dem Gläubiger diejenigen Einreden entgegenzusetzen, die dem Hauptschuldner zustehen. Erlischt die Hauptschuld, dann wird auch der Bürge befreit.
Für den Hauptschuldner stellt die Solidarbürgschaft damit ein verhältnismässig faires Instrument dar, solange Umfang und Dauer der Solidarbürgschaft angemessen ausgestaltet sind.
Ganz anders bei der abstrakten Garantie (OR 111): Ein Garant hat hier ungeachtet des Bestehens und der Rechtswirkungen des Schuldverhältnisses Zahlung zu leisten, wenn die vereinbarten Abrufbedingungen erfüllt sind. Solche Inanspruchnahmen werden vom Garant üblicherweise dem Hauptschuldner weiterbelastet. Dem Hauptschuldner steht unter Umständen ein beschwerlicher Weg bevor, bis er sein Geld zurückerhält. Auch finanziell gut aufgestellte Hauptschuldner (Unternehmungen) können während dieser Zeit liquiditätsmässig in Schieflage geraten.
Fazit: Sieht ein Werkvertrag eine abstrakte Garantie als Sicherheit für den Bauherrn vor, dann ist «Vorsicht am Platz». Abstrakte Garantien stehen im Widerspruch zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit in der Baubranche und sollten aus den genannten Gründen wenn möglich vermieden werden. Solidarbürgschaften sind zu bevorzugen, sofern sie betragsmässig und in zeitlicher Hinsicht angemessen sind.